Michael

Name: Michael
Geboren: 04.11.1975
Haarfarbe: schwarz
Augenfarbe: Braun
Sternzeichen: Skorpion

Seit Jahren stehe ich nun an Irinas Seite und versuche die Gruppe zusammenzuhalten. Doch Unzufriedenheit breitet sich bei den White Takern aus. Anderen zu helfen ist ihnen zwar noch wichtig, aber das eigene Glück rückt immer mehr in den Vordergrund. Sie werden unvorsichtiger und das ist für uns alle gefährlich.

***** Leseprobe aus dem Roman *****

Als wir um die Ecke bogen, sahen wir vier kräftige Männer, die sich gerade mit zwei anderen Männern in einer Rauferei befanden. Die vier Riesen entsprachen dem typischen Bild von Schlägern: kahl rasierter Kopf, Bodybuilder-Körper, Springerstiefel. Die beiden anderen waren dunkelhäutig. Sie krümmten sich am Boden und hoben immer wieder ihre Arme schützend vor das Gesicht.

„Hey, vier gegen zwei ist doch etwas unfair, oder?“, rief Michael provozierend.

Er und die anderen aus unserer Gruppe nahmen eine abwartende, aber wachsame Position ein, die noch keinen Anlass gab für einen Angriff, aber die es ermöglichte, sofort zu reagieren, falls einer erfolgte. Ihre Körper spannten sich an. Mir ging es ähnlich und ich ließ noch mal all die Übungen, die ich gelernt hatte, Revue passieren. Mein Puls stieg und das Adrenalin schoss mir durch die Adern. Dies würde vielleicht mein erster Kampf werden.

„Was wollt ihr Gothic-Freaks? Geht lieber, bevor ihr die nächsten seid“, meinte einer der Schläger und grinste höhnisch.

Michael ging einen Schritt nach vorne und verlieh seiner Stimme Nachdruck: „Schluss jetzt! Wenn ihr unbedingt eins auf die Fresse haben wollt, dann kommt nur her.“

Ich musste fast lachen bei Michaels Ausdrucksweise, sie passte so gar nicht zu ihm. Doch die Fröhlichkeit verging mir gleich wieder, als die Männer nun von den beiden Opfern abließen und sich vor uns aufbauten. In ihren Augen sah ich Dunkelheit, Hass und Mordlust. Ich spürte ganz leicht ihre Lebensenergie. Sie war düster und gefährlich. Mich ekelte der Gedanke, ihre Energie zu nehmen. Es würde sich bestimmt wie eine Art Gift anfühlen. Mein Herz hämmerte in der Brust und das Atmen fiel mir schwer. War ich dem wirklich gewachsen? Die Typen waren mindestens einen Kopf größer und wogen das Doppelte wie ich; ein falscher Handgriff und ich würde vielleicht größere Verletzungen davontragen. Doch die Angst durfte mich jetzt nicht lähmen.

„Ich gebe euch noch mal eine Chance, einfach zu gehen. Dann wird keinem von euch was passieren.“

Michael sprach ruhig, aber bestimmt. Alle  anderen waren absolut still und starrten konzentriert auf die Gegner. Jeder wartete auf den Beginn des Kampfes. Der Anführer blieb einen Meter vor Michael stehen. Er fixierte ihn mit den Augen und versuchte ihn einzuschätzen. Dann sah er missbilligend zu uns rüber und schüttelte den Kopf.

„Du willst doch nicht etwa, dass wir deine Mädels verhauen? Oder musst du dich von Frauen schützen lassen?“

Er und seine Kameraden lachten. Ich hielt die Spannung nicht mehr aus. Konnte es denn nicht endlich losgehen?

„Die Kleine da drüben macht sich doch gleich in die Hose“, meinte er weiter und zeigte auf mich.

Na toll, jetzt stand ich auch noch als Angsthase da. Das große Problem war aber, dass er recht hatte. Ich hatte tierische Angst, fast Panik. Mir war Gewalt einfach zuwider und ich wollte einfach nur weg. Wahrscheinlich musste ich doch mehr trainieren, damit meine alten Verhaltensweisen, nämlich Konfrontationen zu meiden, nicht wieder durchsickerten.

„Mach dich ruhig lustig über sie. Du wirst schon sehen, was du davon hast.“

Michael sagte das mit einer Überzeugung, dass mir warm ums Herz wurde.

„Oh, da bin ich aber gespannt, ich …“

„Mensch, halt endlich die Klappe. Geht oder kämpft, ihr verschwendet unsere Zeit.“

Oh Gott, war das eben meine Stimme gewesen? Die glatzköpfigen Typen wussten nicht, ob sie lachen oder verärgert sein sollten.

„Du hast sie gehört. Verschwindet endlich!“

In der Zwischenzeit rappelten sich die beiden Opfer hoch und verließen schnell die Gasse.

„Ihr habt uns unser Spiel kaputt gemacht und dafür werdet ihr büßen“, meinte der eine Muskelprotz.

Von einer Sekunde auf die andere schlug er zu. Michael hatte die Muskelanspannung vorher beobachtet und konnte geschickt ausweichen. Im gleichen Atemzug schoss seine Faust nach vorne und versetzte ihm einen Stoß auf die Nase. Dieser brüllte und warf sich mit seinem ganzen Gewicht auf Michael. Schnell griffen nun die drei anderen Schläger ins Geschehen ein. Mein Herz machte einen Sprung, als einer der Riesen auf mich zulief. Er hatte ein Schmunzeln im Gesicht, als ich meine Kampfhaltung einnahm.

„Na, mit dir halben Portion werde ich schnell fertig werden.“

Diese Worte machten mich so wütend, dass ich wie eine Raubkatze nach vorne sprang. Er nahm an, dass ich ihn frontal angreifen wollte und wappnete sich, um mich abzufangen. Doch das tagelange Training machte sich bezahlt, im letzten Moment ließ ich mich nach unten fallen, stützte mich mit den Händen am Boden ab und trat ihm in die Kniekehle. Brüllend schrie er auf und packte mich an den Haaren.

„Du kleines Miststück, dir werde ich es zeigen!“

Weiter kam er nicht, als ich ihm einen nächsten Tritt in seine Weichteile verpasste. Doch mein Glück und der Überraschungsmoment waren vorüber. Er gab mir mit dem Ellbogen einen Hieb in den Magen und drückte mich mit seiner ganzen Leibesfülle an die Wand. Ich kriegte kaum noch Luft. Er zog meinen Kopf an den Haaren nach hinten und ich schrie vor Schmerzen. Sein Atem an meinem Gesicht stank nach Bier und Zigaretten. Mir wurde übel. Dann packte er mit seiner anderen Hand dermaßen brutal meine Brust, dass mir die Tränen in die Augen schossen. Meine Angst und Wut steigerten sich und ich griff nach seinem Arm. Das Kribbeln in meiner Hand begann und arbeitete sich weiter hinauf zu meinem Herzen. Ich hörte ihn keuchen und sein Griff wurde schwächer. Das nutzte ich und schlug mit beiden flachen Händen auf seine Ohren, um sein Trommelfell platzen zu lassen. Als er sich krümmte, schoss mein Knie nach vorne und zertrümmerte ihm die Nase. Er fiel hin. Noch gestärkt von Macht und Wut rammte ich ihm den Ellbogen auf den Rücken, was ihn endgültig auf den Boden fallen ließ. Aber ich wollte mehr. Das Adrenalin schoss durch meine Adern. Ich wollte mehr Energie spüren und seine Kraft nehmen. Ich fasste seinen Kopf. Doch dann hielt mich eine Hand zurück. Es war Sam. Seine Lippe war aufgeplatzt und er hatte eine kleine Schramme auf der linken Wange. Er schüttelte mit dem Kopf.

„Er hat genug.“

In meinem Kampfrausch wollte ich mich nicht abhalten lassen, doch Sam stellte sich hinter mich und hielt meine Arme fest. Er war nicht grob, fast sanft, aber dennoch bestimmend. Ich spürte seinen Duft, fühlte seine Wärme vom hitzigen Kampf. Erst versuchte ich mich zu wehren, wollte mir nicht die Kraft wegnehmen lassen: Sie gehörte mir, der Kerl hat es nicht anders verdient. Doch Sam war unerbittlich und schloss seine Arme fester um meinen Oberkörper, sodass ich mich nicht mehr bewegen konnte. Er nahm auch einen Hieb hin, als ich versuchte, mit den Beinen nach ihm zu treten. Er flüsterte in mein Ohr, dass ich mich beruhigen sollte. In ihm lag eine Leidenschaft, die mein Herz ergriff und den Wahn aus Wut und Zorn beendete. Ich fühlte seinen schnellen Atem in meinem Nacken. Er stand direkt hinter mir, sein Gesicht nicht weit von meinem entfernt. Er spürte, dass ich mich nicht mehr wehrte. Langsam lockerte er den Griff und ließ kurze zeit später ganz los. Schließlich drehte ich mich um. Er zögerte und fixierte mein Gesicht, um meinen Gemütszustand einzu-schätzen. Ich nickte ihm zu, dass ich wieder ich selber war und blickte etwas beschämt auf den Boden. Sam streichelte mir sanft die Schulter und ging dann zu den anderen rüber. Michael war unverletzt. Caro stand neben ihm mit zerzausten Haaren. Ihre Brille hatte einen Schlag abbekommen, aber sonst schien sie keine großen Verletzungen zu haben. Was man von den vier Angreifern nicht sagen konnte. Sie knieten oder lagen auf dem Boden und stöhnten vor Schmerzen; zwei waren bewusstlos.

„Lasst uns gehen“, meinte Michael nur.